Die Beerdigung von Oda Nobuhide im Jahr 1551 hätte eine stille Trauerzeremonie werden sollen – doch sein Sohn Oda Nobunaga machte sie zu einem Ereignis, das die Geschichte Japans prägte. Statt sich den Erwartungen anzupassen, inszenierte der junge Erbe einen bewussten Skandal: In provokanter Kleidung warf er das rituelle Räucherwerk (Weihrauch) achtlos vor den Altar, statt es wie üblich ehrfurchtsvoll niederzulegen. Dieser schockierende Moment bei der Beerdigung seines Vaters offenbarte Nobunagas rebellischen Charakter und markierte den Beginn eines außergewöhnlichen Aufstiegs.
Wer war Oda Nobuhide?
Oda Nobuhide war ein einflussreicher Feudalherr während der turbulenten Sengoku-Zeit, einer Ära blutiger Machtkämpfe zwischen rivalisierenden Kriegsherren. Obwohl er sich gegen mächtige Nachbarn wie die Imagawa und Saitō behaupten konnte, gelang es ihm nie, seine Herrschaft dauerhaft zu festigen. Sein plötzlicher Tod durch Krankheit im Jahr 1551 hinterließ seinen erst 17-jährigen Sohn Nobunaga als Erben – eine Entscheidung, die viele im Clan mit Skepsis betrachteten.
Die Beerdigung und Nobunagas Provokation
Die versammelten Samurai des Oda-Clans erwarteten einen zukünftigen Anführer in würdevoller Trauerkleidung – doch was sie sahen, sprengte alle Vorstellungen. Nobunaga betrat den Tempel wie ein Provokateur: Sein schmutziges Alltagsgewand, der grobe Seilgürtel statt einer edlen Schärpe und die wild gebundene Chasen-Maki-Frisur waren eine gezielte Verhöhnung jeder Etikette. Den Höhepunkt bildete sein Umgang mit dem Räucherwerk – statt es respektvoll niederzulegen, schleuderte er es mit verächtlicher Geste vor den Schrein.
Die Reaktion der Anwesenden war eine Mischung aus Entsetzen und Empörung. Viele sahen in Nobunagas Benehmen ein Zeichen von Unwürdigkeit und fürchteten, dass der junge Erbe den Clan in den Untergang führen würde. Andere wiederum erkannten darin eine bewusste Machtdemonstration – eine Warnung an alle, die seine Autorität in Frage stellen wollten.
Historische Deutungen des Vorfalls
Bis heute wird Nobunagas Verhalten bei der Beerdigung seines Vaters unterschiedlich interpretiert. Einige Historiker sehen darin eine bewusste Abkehr von alten Traditionen, die seinen späteren Ruf als radikaler Reformer vorwegnahm. Andere vermuten, dass es eine gezielte Provokation war, um seine Gegner zu testen und seine Entschlossenheit zu demonstrieren. Wieder andere glauben, dass Nobunaga damit eine klare Botschaft senden wollte: Er würde die Dinge auf seine eigene Art regeln, ohne sich an überholte Konventionen zu halten.
Nobunagas Aufstieg zur Macht
Trotz des anfänglichen Skandals bewies Nobunaga in den folgenden Jahren, dass er mehr als nur ein rebellischer Provokateur war. Er beseitigte innere Rivalen, darunter seinen eigenen Bruder Nobuyuki, und führte den Oda-Clan zu neuer Stärke. Sein genialer Sieg in der Schlacht von Okehazama gegen die übermächtigen Imagawa im Jahr 1560 festigte seinen Ruf als militärisches Genie. In den folgenden Jahrzehnten sollte er zu einem der wichtigsten Reichseiniger Japans werden und den Grundstein für die spätere Vereinigung unter Toyotomi Hideyoshi und Tokugawa Ieyasu legen.
Fazit: Ein Moment, der Geschichte schrieb
Die Beerdigung von Oda Nobuhide war weit mehr als eine bloße Trauerfeier – sie war der erste öffentliche Auftritt eines Mannes, der Japan für immer verändern sollte. Nobunagas scheinbar respektloses Verhalten war nicht nur eine Geste der Rebellion, sondern auch ein Vorgeschmack auf seinen unkonventionellen Führungsstil. Was damals als Skandal galt, erwies sich später als Beginn einer legendären Herrschaft.
Noch heute fasziniert diese Episode Historiker und Japan-Enthusiasten gleichermaßen. Sie zeigt, wie ein einzelner Moment den Charakter eines zukünftigen Herrschers offenbaren kann – und wie scheinbare Schwächen sich in Stärke verwandeln können.
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